Heute 22:25 3sat-Das Dorf der vergessenen Kinder- Euro Waisen in der Ukraine

  • Viele ukrainische Mütter haben ihr Heimatland verlassen, um irgendwo in der Fremde ihre Zeit und ihre Liebe, z.B. als Kinderfrauen, zu Geld zu machen und so ihren eigenen Kindern zuhause eine bessere Zukunft zu geben.
    Diese Mütter und ihre Kinder sind Teil der die ganze Welt umspannenden "Global Care Chain". Auch deutsche Mütter engagieren illegale Osteuropäerinnen, die dafür wiederum ihre eigenen Kinder - und alten Eltern - zurücklassen, bei Verwandten und Bekannten.
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    Hier der Link zur kompletten TV-Beitrag;
    http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=28110

    :lol:

  • Olga ist Krankenschwester und lebt mit ihrem Kind, ihrem Bruder und ihrer Mutter in einer beengten Wohnung in dem ukrainischen Ort Snicne. Von dem spärlichen Gehalt, dass sie als Krankenschwester verdient kann die Familie nicht leben und sie arbeitet nebenher für eine Internet-Website in der sie nackt dem vorwiegend westlichen Publikum für sexuelle Dienste zur Verfügung steht. Eines Tages verlässt Olga frühmorgens mit ein paar Koffern die gemeinsame Wohnung und lässt Familie sowie Kind zurück. Olga möchte mit Hilfe ihrer Freundin Natschka ein neues Leben in Österreich beginnen.

    Sie bekommt einen Job als Haushälterin in einer noblen Villa am Stadtrand von Wien, sieht sich dort jedoch hilflos den willkürlichen Launen und der Hausbesitzerin ausgesetzt. Wenig später verliert sie ihren Job und endet als Putzfrau in der geriatrischen Abteilung eines Krankenhauses. Dort findet sie in einem Patienten erstmals einen Vertrauten, der kurze Zeit darauf jedoch verstirbt. Als sich ein Krankenpfleger für die hübsche Putzfrau zu interessieren scheint und auch die Insassen der Abteilung die attraktive Russin sympathisch finden, weckt dieses das Missfallen der Krankenschwester Maria.

    Paul ist arbeitslos und lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in einer beengten Wohnung in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien. Er macht die Ausbildung zum Security-Angestellten, bekommt einen Job und verliert ihn kurze Zeit darauf wieder. Seine Freundin macht mit ihm Schluss, als er sich einen Kampfhund anschaffen möchte. Da er keinen Job hat, macht er Schulden, die er nicht zurückzahlen kann. Um zu Geld zu kommen, fährt er mit seinem Stiefvater Michael nach Osten um dort Kaugummi- und Spielautomaten aufzustellen.

    Doch die Reise in die Ukraine ist ungemütlich, die Arbeit hart, das Wetter kalt und die bittere Armut der Bevölkerung allgegenwärtig. Und anstatt seinem Stiefvater näher zu kommen, muss Paul bemerken, dass dieser am Osten vor allem die Vorzüge von billigen Alkohol und käuflicher Liebe zu schätzen weis. Paul wird Zeuge, wie sein Stiefvater in heruntergekommenen Bars und Diskotheken als spendabler Macker aus dem Westen auftritt. Als Michael im gemeinsamen Hotelzimmer sein menschenverachtetes Spiel mit einer jugendlichen Prostituierten treibt, wird es Paul zuviel und packt seine Sachen und verlässt das ukrainische Hotel. Allein auf sich gestellt, möchte er im Osten ein neues Leben beginnen.

    Zwei Hauptdarsteller, die einander nicht begegnen und doch haben die beiden Geschichten mehr gemeinsam, als man nach dem Lesen der Inhaltsangabe annehmen könnte. Olga und Paul lösen sich beide aus einem unglücklichen Umfeld und versuchen in einem fremden Land einen Neubeginn, den Versuch eines besseren und erfüllteren Lebens. „Import“ beginnt mit der Reise Olgas ins Ungewisse und endet in der Banalität ihres Alltages in einem fremden Land. „Export“ beginnt in der Banalität des Alltages von Paul und endet in dessen Reise ins Ungewisse. ebenfalls in einem fremden Land. Beide wagen den Sprung ins kalte Wasser und der Zuschauer begleitet die beiden Menschen auf einem Stück ihres Lebens. Wohin der Weg die beiden schlussendlich führt, bleibt jedoch verborgen.

    Die Ukrainin Olga ist diplomierte Kinderkrankenschwester, doch ihr Job auf der Station eines verstaatlichten Krankenhauses bringt einfach zu wenig Geld um Überleben zu können. Der Job als Websex-Girl ist im Grunde menschenverachtend, doch die Degradierung zur käuflichen Ware wird in Kauf genommen, da ohne dem Ertrag, das Leben in bitterer Armut vermutlich noch schlimmer wäre. Eines Morgens bricht sie auf und lässt Mutter und Kind zurück um im „goldenen Westen“ ein besseres Leben zu beginnen. Doch ihr erster Job als Haushälterin einer wohlhabenden Familie entpuppt sich als modernes Sklaventum. Ein Bett in der verfliesten Waschküche und die Anfeindungen der Arbeitgeberin, sowie deren Kinder werden ertragen. Als sie diesen Job verliert, endet sie neuerlich in der Station eines Krankenhauses, allerdings als Putzfrau.

    Paul hat zwar eine warme Wohnung und auch immer genug zu Essen, allerdings fühlt er sich als arbeitsloses Mitglied der Gesellschaft nutzlos. Ausbildung hat er vermutlich keine und auch der Freundeskreis besteht vermutlich aus seltsamen Personen, auf die nicht wirklich zu zählen ist. Seine enthusiastischen Versuche sein Leben in den Griff zu bekommen, scheitern meist schon, bevor er sie überhaupt in die Tat umgesetzt hat. Paul sehnt sich nach Liebe, Geborgenheit und Ehrlichkeit. Ein gemeinsamer Trip mit seinem Stiefvater nach Osten entpuppt sich als Fiasko, als der sich als der als fremdgehender Macho entpuppt, der glaubt, das im Osten mit Geld ohne Rücksicht auf die Menschenwürde alles zu kaufen ist. Paul löst sich und versucht auf eigene Faust ein Leben nach seinen Regeln zu beginnen.

    Der Dreh zu Ulrich Seidls „Import Export“ hat drei Jahre gedauert und es wurde in der Ukraine bei minus 30 Grad und in Wien unter Sterbenden auf der geriatrischen Abteilung eines Krankenhauses gedreht. Wenn Seidl einen Film dreht, werden wohl alle Beteiligten inklusive Zuschauer an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt. Kein Regisseur versteht es wohl besser Dokumentarisches und Fiktives, Laiendarsteller und professionelle Darsteller so kunstvoll miteinander zu verbinden, sodass es für den Zuschauer nicht mehr ersichtlich ist, was jetzt erdacht, improvisiert oder der Wahrheit entspricht.

    Seidl orientiert sich bei seiner Geschichte an Eckpfeilern des Lebens wie Arbeit, Liebe und Tod, jedoch jeweils in ihrer extremen Form. Arbeit am unteren Ende der Einkommenskette, Liebe in der käuflichen Variante und den Tod in seiner entmenschlichten Form, alleingelassen im Mehrbettzimmer eines städtischen Krankenhauses. Die Bilder, die von Kameramann Ed Lachman eingefangen wurden, sind für den Zuschauer mehr als schwer verdaulich. Egal ob es sich um nackte Russinnen handelt, die sich vor den gierigen Augen der Internetkonsumenten bzw. Webcams selbst befriedigen, oder demenzkranke Geriatriepatienten, die in ihren angeschissenen Windeln liegen müssen. Das sind Dinge, von deren Existenz wir zwar wissen, dessen Tatsache wir jedoch verdrängen oder vor uns her schieben. Und diese verdrängten Momente, die an Intimität nicht zu überbieten sind, holt Ulrich Seidl hervor und konfrontiert sein Publikum mit der ungeschönten Wahrheit.

    „Import Export“ ist dann auch sozusagen der logische Nachfolger zu seinen Werken wie „Tierische Liebe“ und „Hundstage“. Noch radikaler, noch reduzierter. Die Episodenhaftigkeit der Geschichte und Skurrilität der Darsteller wird noch mehr in den Hintergrund gedrängt. Seidl hat ein Werk geschaffen, von dem man sich nicht so leicht wie bei den Vorgängern distanzieren kann. Schicksale, die sich in unserem Umfeld abspielen könnten und vermutlich auch werden, ohne das wir jemals davon in Kenntnis geraten. Ein Film, der deswegen den Zuschauer noch mehr berührt und verstört und mit dessen Thematiken man sich wohl unweigerlich auch noch nach dem Abspann auseinander setzen muss und auch wird. Eine deprimierende Momentaufnahme unserer Gesellschaft, die nahezu ohne positive Moment auskommt und in der die Welt trost-, sowie beinahe aussichtslos erscheint. Humor ist – sofern vorhanden – auch nur der schwarzen Sorte zuzuordnen. Und auch wenn das Ende für Seidls Verhältnisse zwar beinahe versöhnlich ausfällt, so ist es doch meilenweit von einem herkömmlichen Happy-End entfernt.

    Ekateryna Rak, die sympathische Darstellerin von Olga hat tatsächlich eine Ausbildung als Krankenschwester und wurde während langfristiger Castings in der Ukraine entdeckt. Bevor sie die Rolle angenommen hat, war sie weder im Westen, noch der deutschen Sprache mächtig. Diese hat sie eigens für die Rolle gelernt. Sie spielt ihre Rolle wohl nicht nur aufgrund ihres eigenen Backgrounds auch sehr authentisch. Eine Frau, die ihre Liebsten zurücklässt um ein besseres Leben zu beginnen, wohl auch, um diese wohl auch zu unterstützen. Eine Kämpferin, die nach außen hin stoisch alle Schmähungen und Widrigkeiten des Lebens und ihrer Arbeit erträgt. Nach den Dreharbeiten ist sie wieder zurück in ihr Heimatland gekehrt und spielt aktuell in einem kleinen Theater im Osten der Ukraine.
    Paul Hofmann als Paul hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich, von denen auch die zahlreichen Tattoos auf seinem gestählten Körper zeugen. Mit 14 Jahre hat er sein Elternhaus verlassen und ist seitdem bereits des Öfteren aufgrund kleinerer Delikte mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Laut Presseheft glaubt er an die große Liebe und ist auf der Suche nach ihr. Auch er spielt seine vermutlich sehr autobiografische Rolle als ewiger Verlierer mit viel Herzblut und Authentizität. Aktuell lebt er ohne fixen Wohnsitz.

  • Maria Hofstätter, die man bereits als Autostopperin aus „Hundstage“ kennt, spielt die Rolle der Krankenschwester Maria und auch Georg Friedrich als Krankenpfleger kennt man ebenfalls aus dem eben genannten Film. Beide haben in Vorbereitung auf ihre Rollen monatelang in der geriatrischen Abteilung mit den Patienten verbracht, in der dann auch gedreht wurde. Maria Hofstätter ging dabei so akribisch vor, dass sie von der Patienten schlussendlich liebevoll „Schwester Maria“ genannt wurde. Viele Szenen waren überhaupt nur zu realisieren, da sich in der Zeit ein Vertrauensverhältnis zwischen den Schauspielern und den mittlerweile verstorbenen Insassen aufgebaut hatte.

    Die DVD aus dem Hause Alamode Film bringt „Import Export“, der auch 2007 im offiziellen Bewerb der Filmfestspiele in Cannes gelaufen ist, in sehr guter Qualität mit deutschen Untertiteln, die wohl für die meisten Zuschauer sowohl für die russischen, als auch für die wienerischen Dialoge notwendig sind. Als besonderes Extra gibt es zwei äußerst informative, jedoch kurz-ausgefallene Interviews mit Regisseur Ulrich Seidl, sowie Kameramann Ed Lachman. Leider gibt es keine Interviews mit den Darstellern, welche wohl auch sehr interessant ausgefallen wären. Zahlreiche Trailer, animierte Menüs und eine hübsche Verpackung runden wie bereits bei „Tierische Liebe“ das positive Gesamtbild ab.

    „Import Export“ ist ein wichtiger Film über das Streben zweier Personen nach einer positiven Veränderung, der Suche nach dem Sinn des Lebens und des zwangsläufigen Scheiterns. Eine grimmige Bestandaufnahme unserer Gesellschaft, die sich aufgrund Egoismus und Machtgier immer mehr auf einen Abgrund zu bewegt. Ein radikaler Film von einem österreichischen Ausnahmeregisseur, den man in Arbeitsweise und -ansatz am ehesten noch mit Lars von Trier bzw. dessen Filme aus dem Dogma-Umfeld vergleichen kann. „Import Export“ fordert den Zuschauer von der ersten Sekunde an und beschäftigt ihn noch lange über den Abspann hinaus. Ein Film der berührt, verstört und dessen Existenz aber gerade in unserer oberflächlichen Zeit mehr als Daseinsberechtigung hat. Ulrich Seidls Absicht ist nicht – wie bei Regiekollegen oft der Fall - den Zuschauer mit möglichst schockierenden Bildern zu verstören, sondern er hält dem Zuschauer einen Spiegel vor. Doch die schonungslos-realistischen Bilder, die man darin sieht, werden wohl den Wenigsten gefallen. „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist...“ heißt es zwar in einer gesungenen Liedzeile im Film, aber vergessen wird den grandiosen „Import Export“ so schnell wohl niemand...


    und hier der link zum Film 

    bei Vkontakte kann man den kostenlos sehen


    http://vkontakte.ru/video?q=import…42817_150400836