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QuoteWegen rassistischer Schmähungen ihrer Fans ist die Fußball-Nationalmannschaft der Ukraine zu einem Geisterspiel verurteilt worden. Auch Peru muss sein WM-Qualifikationsspiel vor leeren Rängen bestreiten.
Quelle: Deutsche Welle
Ich finde, wie das zustande kam, ist schon ein ziemlicher Skandal. Zunächst mal, ich habe das Spiel gegen San Marino in Lviv als Live-Übertragung verfolgt. Was ich da sah, war im "üblichen Rahmen". Ja, es gab Bandera-Banner, es gab auch schwarzrote Fahnen. Dazu gleich noch etwas. Aber was ich ansonsten von Seiten der Zuschauer beobachtet habe, war ganz einfach im üblichen Rahmen dessen, was man irgendwo in der Welt bei Fußballspielen zu sehen und hören bekommt. Dass bei 34.000 Zuschauern einige dabei sind, die sich nicht benehmen können, ist normal, insgesamt wirkte aber die Athmosphäre ganz einfach enthusiastisch und positiv. Ich war gerade erst vor ein paar Wochen in Lviv zu einem Liga-Spiel von Karpaty, und auch dort habe ich in Sachen Fehlverhalten von Fans nichts beobachtet, was man nicht auch in anderen Stadien sehen würde. Diese unsäglichen Urwaldlaute, wenn ein farbiger Spieler den Ball berührt, sind ja leider eine Zeit lang in vielen Stadien der Welt alltäglich gewesen, ich fand beim jenem Ligaspiel aber bemerkenswert, dass die Ultras da sehr diszipliniert waren - ich habe im ganzen Spiel so etwas nur einmal gehört, und da waren das nicht mehr als eine Handvoll Leute.
Zu den rotschwarzen Fahnen und Bandera. Es gab kürzlich einen offenen Brief von Fangruppen an die Fifa, in dem sie darauf eingingen, warum ihrer Meinung nach das Zeigen von Bandera-Bildern und rotschwarzen Fahnen nichts sei, wofür die Fifa das Recht habe, den ukrainischen Verband zu bestrafen. Der Brief kann hier in ukrainischer Sprache gelesen werden (eigentlich war der angeblich in englisch verfasst worden, allerdings konnte ich eine englische Fassung im Netz nicht finden). Im Brief wird argumentiert, dass es die der Ukraine vorgeworfenen Verstöße gegen die Fifa-Regeln nicht gegeben habe. Weiterhin heißt es, dass Bandera / rotschwarze Fahne ein Symbol des ukrainischen Unabhängigkeitskampfes seien und sie sich dagegen verwehrten, diese Symbole einseitig als faschistische Symbole zu bewerten.
Ich finde, dass sie hier absolut recht haben. Man mag Bandera und seine OUN nicht mögen, eine ausgewogene Deutung würde sie vielleicht als "ambivalent" bezeichnen (das ist eine Deutung, die ich persönlich sehr teile), aber eine einseitige Qualifizierung als "faschistisch" ist eben eines nicht - ausgewogen.
Ukrainische Bekannte haben mir erzählt, dass im Vorfeld dieser FIFA-Entscheidung großer Druck vor allem von polnischer Seite ausgeübt wurde. Aus politischer Sicht ist das nicht weiter verwunderlich, da ja in Polen zur Zeit stark nationalistische Kräfte daran arbeiten, die Annäherung und Versöhnung, die seinerzeit unter Juschtschenko vorangetrieben wurde, rückgängig zu machen und eine sehr einseitige Interpretation voranzutreiben, nach der Polen ausschließlich Opfer und Ukrainer ausschließlich Täter gewesen sein sollen. Zusätzlich pikant wird das nun aber noch dadurch, dass Polen und Ukraine zur Zeit die aussichtsreichsten Kandidaten auf den 2. Gruppenplatz, der zu einer Teilnahme an Play-Off-Spielen für einen Platz in der WM in Brasilien nächstes Jahr berechtigt sind, wobei die Ukraine einen hauchdünnen Vorsprung hat. Demnächst findet das vorentscheidende Gruppenspiel zwischen der Ukraine und Polen in der Ukraine statt - nach dem o.g. Urteil nun vor leeren Rängen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Besonders ärgerlich ist nun noch, dass die ukrainische Regierung nichts eiligeres zu tun hat, als diesen Vorwürfen, die mit großer Wahrscheinlichkeit stark übertrieben sind, auch noch zuzustimmen, um damit innenpolitisch in der Auseinandersetzung zwischen angeblichen Faschisten und ebenso angeblichen Antifaschisten zu punkten. Wenn ich so etwas sehe, kann ich nur noch kotzen.