Shevchenko-Gedenken am heutigen Tag

  • Ich bin gerade aus der (ukrainischen) Kirche zurückgekommen. Am heutigen Tag, wo auf der Krym über eine Sezession von der Ukraine "abgestimmt" wird, fällt dieses Ereignis für uns mit dem jährlichen Shevchenko-Gedenktag zusammen. Wir verlegen diesen Tag immer um ein paar Wochen nach hinten (sein Geburtstag war ja schon am 25. Februar - übrigens auch der Geburtstag von George Harrison!), und so kam es, dass wir gerade heute seine Gedichte hörten, auch einiges über seine Biographie lernten und Lieder mit Texten nach seiner Lyrik sangen. Aufgrund der Ereignisse auf der Krym war zur Liturgie sogar das Fernsehen zu Gast, es war also ein wirklich ereignisreicher Vormittag.

    Auf der Fahr dorthin ging uns sehr durch den Kopf, dass gerade in der heutigen Zeit die Gedichte Shevchenkos so aktuell sind wie damals, als sie geschrieben wurden. Obwohl ja heute die Ukraine ein unabhängiger Staat ist, hängt doch ein Damoklesschwert über dem Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volkes. Entsprechend war die Stimmung heute auch sehr gedrückt. Wir sind ja die einzige ukrainische Kirche in Hamburg, daher kommen auch manche Ukrainer anderer Konfessionen, z.B. orthodoxe, zu uns.

    Wir hatten auch einen Bandura-Spieler zu Gast, der für uns einige Stücke spielte. Er ist ein ganz junger Mann, ich glaube noch nicht einmal 20 Jahre alt, Sohn ukrainischer Einwanderer in den USA. Vor seinem letzten Stück erzählte er uns, wie wichtig ihm sein Instrument sei als Botschafter der Ukraine und ihrer Kultur, niemand könne dieses Instrument und seine Musik als "faschistisch" beschimpfen. Außerdem hatten wir Gäste aus Kharkiv, die ihre in Hamburg lebenden Angehörigen besuchten. Während der Veranstaltung stand die ältere Dame auf und erzählte davon, wie sie mit Freunden sich in Kharkiv regelmäßig am Shevchenko-Denkmal treffen und dort seine Gedichte lesen. Sie rezitierte dann aus dem Kopf zwei seiner Gedichte. Allen Menschen standen die Tränen in den Augen.

    Ich muss sagen, dass ganz deutlich ist, dass wir alle neben einer großen Wut auch eine immer größer werdende Erschöpfung in uns tragen - über die Ungerechtigkeit, die dem Volk widerfährt, über die Hilflosigkeit und nicht zuletzt hier bei uns in Deutschland darüber, dass man nicht einmal hier vor diesen schrecklichen Verleumdungen sicher ist, vor den Lügen aus Putin's Volksempfänger, denen man auch hier ausgesetzt ist und zu deren Sprachrohr sich immer wieder deutsche Journalisten und Politiker machen lassen.

    So werden wir wie seinerzeit Taras Shevchenko vielleicht noch lange vergeblich auf Gerechtigkeit warten müssen.

    Слава Україні! :ua-prapor: