Duma bekennt: Katyn war ein sowjetisches Verbrechen

  • Freitag, 26.11.2010

    Duma bekennt: Katyn war ein sowjetisches Verbrechen

    Moskau. Das russische Parlament hat am Freitag eine Erklärung
    verabschiedet, die anerkennt: Die Schuld am Massaker von Katyn, bei dem
    1940 tausende polnische Offiziere hingerichtet wurden, trägt die
    sowjetische Führung.

    In dem Papier heißt es u. a.: „Die veröffentlichten Materialien, die
    lange Jahre in Geheimarchiven lagen, (…) bezeugen, dass das Verbrechen
    von Katyn auf direkte Anweisung von Stalin und anderen sowjetischen
    Führern begangen wurde.“
    Die Erklärung der Staatsduma weist auch auf die Tatsache hin, dass die
    Tragödie von Katyn, wo im Frühjahr 1940 mehr als 4.000 kriegsgefangene
    polnische Offiziere vom NKWD erschossen worden waren, in der
    sowjetischen Geschichtsschreibung als Verbrechen Hitlerdeutschlands
    hingestellt wurde.

    Erst Michail Gorbatschow
    bekannte im Zuge seiner Politik von Glasnost und Perestroika 1990 die
    sowjetische Schuld. Inzwischen sind alle wesentlichen Archivdokumente
    zum „Fall Katyn“ auf der Internetseite des Staatsarchivs Rosarchiv
    einzusehen.
    “Ein tragischer Ort auch für unser Land

    Die Duma bezeichnet
    Katyn als „tragischen Ort auch für unser Land, denn in den Gräben ruhen
    tausende sowjetische Bürger, die das Stalin-Regime 1936-1938 vernichtet
    hat“. Außerdem seien ganz in der Nähe Massengräber von sowjetischen
    Kriegsgefangenen gefunden worden, die von den Deutschen ermordet wurden.

    Die
    Erklärung endet mit den Worten: Die Abgeordneten der Staatsduma
    verurteilen das Regime, das die Rechte und das Leben von Menschen
    missachtet hat, und reichen dem polnischen Volk die Hand des Friedens.
    Wir hoffen, dass dies der Beginn einer neuen Etappe in den Beziehungen
    unserer Länder sein wird.“
    Die ewig Gestrigen zeigen keine Einsicht

    Wer nun aber
    denkt, in Russland herrsche Einstimmigkeit in der Beurteilung der 70
    Jahre zurückliegenden Verbrechen, irrt sich. Auch bei der heutigen
    Sitzung der Duma rückten die Kommunisten nicht von ihrer verneinenden
    Haltung ab und stimmten gegen die Erklärung.

    Dafür votierten die
    anderen drei Parlamentsfraktionen „Einiges Russland“, „Gerechtes
    Russland“ und die Liberaldemokraten LDPR. KPRF-Mitglied Viktor Iljuchin
    brachte in der Diskussion dagegen das alte (und längst und mehrfach
    widerlegte) Argument an, die Archivdokumente zu Katyn seien Fälschungen.
    Wladimir Kaschin verwies auf „riesige finanzielle
    Schadensersatzforderungen“, auf die Russland nun gefasst sein müsse. „In
    Polen heißt es schon jetzt: Der Preis dieser Erklärung beläuft sich auf
    zwei Trillionen Euro“, sagte er.

    Der Leiter des internationalen
    Duma-Ausschusses Konstantin Kossatschow, der das Papier in das Parlament
    eingebracht hatte, wies diesen Einwurf zurück. Er erklärte, dem
    Europäischen Gerichtshof in Straßburg lägen nur vier Klagen von
    Angehörigen der Opfer von Katyn vor.
    „Zwei davon enthalten überhaupt keine
    materiellen Forderungen, eine fordert einen symbolischen Schadensersatz
    von einem Euro“, so Kossatschow.