Konflikt mit Russland: Die fatalen Fehler der Regierung in Kiew
Von Uwe Klußmann
http://www.spiegel.de/politik/auslan…g-a-956680.html
Versöhnung im Land und die Entwaffnung rechtsextremer Milizen -
das hat die Übergangsregierung der Ukraine in ihrem Abkommen mit den
drei EU-Außenministern versprochen. Doch Kiew setzte wichtige Teile des
Vertrags nicht um. Das sorgte maßgeblich für die Eskalation der Lage.
Die Begeisterung der NPD für Swoboda ist erklärbar. Denn die Partei
definiert die Nation als "Gemeinschaft, die durch Blut und Geist
verbunden ist", und rühmt den Kampf ukrainischer Kollaborateure an der
Seite der Hitlertruppen. Die Waffen-SS-Division "Galizien", rekrutiert
aus westukrainischen Nationalisten, habe, so Swoboda, doch "nur an der
Front gegen die Bolschewiken gekämpft".
Dass die Aufnahme von Rechtsextremen in die Regierung kein Beitrag
zur nationalen Versöhnung war, erkannte man in den russischsprachigen
Regionen der Ukraine schneller als in westlichen Außenministerien.
Die braune Swoboda-Partei stellt im Kiewer Kabinett mehrere Minister,
einen Vizepremier und den Generalstaatsanwalt Oleg Machnitzkij. Der
vertrat seinen Parteivorsitzenden Oleg Tjagnibok als Anwalt vor Gericht.
Tjagnibok war angeklagt wegen einer Hetzrede gegen die "Moskauer
jüdische Mafia". Das Verfahren endete 2007 mit Freispruch. Auch
Tjagnibok gehört zu den Unterzeichnern der Vereinbarung mit den drei
europäischen Außenministern.
Zu den Mitbegründern der Sozial-Nationalen Partei der Ukraine, die
sich jetzt Swoboda nennt, zählte neben Tjagnibok auch der neue Sekretär
der Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Andrij Parubi.
Jetzt gehört er der Vaterlandspartei von Julija Timoschenko an. Zum Koordinator der Sicherheitsdienste stieg der Rechtsradikale auf, weil er zuvor "Kommandant" des Maidan gewesen war.
Bewaffnete Extremisten für "Entrussifizierung"
Dort kooperierte er eng mit dem Führer des militant
rechtsextremistischen Rechten Sektors, Dmitrij Jarosch. Der ließ seit
Januar seine Kameraden auf die Polizei schießen. So trug er maßgeblich
zur blutigen Eskalation bei.
Jarosch hat zwei Jahrzehnte lang bewaffnete Nationalisten bei
Wehrübungen geschult. Sein Rechter Sektor verfügt jetzt über mehrere
tausend bewaffnete Kämpfer. Jarosch nennt seine Kameraden "Soldaten der
nationalen Revolution" und ruft zum "nationalen Befreiungskrieg" für die
"Entrussifizierung der Ukraine" - ein Appell zum Bürgerkrieg.
Zu den Feindbildern des Rechten Sektors gehören außer Russland
die EU, die er als "Brüsseler bürokratisches Monster" bezeichnet, der
"totalitäre Liberalismus" und die sexuelle "Perversion". Dass Jarosch
keine Randfigur mehr ist, wurde am 22. Februar deutlich, als er auf dem
Maidan in Kiew
mehr Beifall bekam als Timoschenko. Im Kampf gegen das alte Regime
haben die Ultrarechten ihre Isolation überwunden. Der Rechte Sektor
profiliert sich mit populären Forderungen nach Bestrafung früherer
Machthaber und "Verteilung" ihrer zusammengeraubten Vermögen.