Hat Katharina die Große "recht getan"? Das schwierige Verhältnis zwischen Ukrainern und Russen...

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe es lange nicht geschafft, aber es lag mir doch am Herzen.
    Wir hatten in dem Thema um Розрита Могила - kleine Geschichte der Ukraine kurz das Thema angeschnitten, dass Zarin Katharina seinerzeit die ursprünglich zwischen Khmelnytskyj und dem russischen Reich vereinbarte ukrainische Eigenständigkeit kassiert hatte. Das möchte ich gern noch einmal aufgreifen und mit ein paar mehr Fakten füttern:

    Na aber so einseitig darf dies dann aber auch nicht gesehen werden dem ging einiges voraus ! Warum die Selbstbestimmung kassiert wurde.

    Ich überspringe hier ein wenig, aus meiner Sicht ist der interessante historische Zeitpunkt das Abkommen zwischen Khmelnytskyj und dem Zaren Alexander:


    Bogdan Chmielnicki, umstrittener ukrainischer Kosakenführer (Hetman) erhebt sich gegen Polen: behautet eine Weile eigenes Kosaken Königreich in Europa, gleidert sich dann (was ihm als Verrat ausgelegt wird) in die moskowitische Staatsstruktur ein.

    Zunächst einmal muss erwähnt werden, dass es bei Khmelnytskyj's Aufstand um mehrere Aspekte ging: der orthodoxe Glaube (den man mit Russland teilte), die Ablehnung des europäisch-feudalen Polens und seines Hegemonie-Anspruchs über die heutige Ukraine und natürlich Machtinteressen der lokalen Herrscher.

    Ich möchte hierbei gern dem "Verrat" zumindest teilweise widersprechen. Zu jenen Zeiten galt Russland als befreundete Nation. Dass der Beitritt zum russischen Reich für die Ukraine so unvorteilhafte Folgen haben würde, war damals nicht vorherzusehen. Nicht umsonst bezeichnet Shevchenko in seinem Gedicht auch Khmelnytskyj als "töricht", nicht als "verräterisch".

    Es gibt einige interessante Fakten zur Gesellschaftsordnung in der heutigen Ukraine zu der Zeit:

    Zitat

    Während der stürmischen Jahre von 1648 bis 1656 schlossen sich Tausende von Bürgern, Bauern und orthodoxen Adligen den Kosaken an. Nach einem unvollständigen Zensus von 1654 gehörte etwa die Hälfte der erwachsenen männlichen Bevölkerung zu den Kosaken. Wenn ein Bauer oder Bürger auf eigene Kosten Militärdienst leisten konnte, war es für ihn nicht schwierig, sich bei einem Kosakenregiment registrieren zu lassen und so in den Genuß der damit verbundenen Privilegien zu gelangen, zu denen das Recht auf Landbesitz, auf Steuerbefreiung sowie das aktive wie das passive Wahlrecht bei den Kosakenoffizierwahlen gehörte. Ein Kosake, der es sich nicht länger leisten konnte, sich selbst auszurüsten, oder der des Kämpfens überdrüssig geworden war, kehrte im allgemeinen in den Bauern- oder Bürgerstand zurück. Unmittelbar nach 1648 waren also die Grenzen zwischen den Ständen extrem durchlässig. Eine egalitäre Gesellschaft, wie sie in der Ukraine verbreitet war, gab es nirgendwo sonst in Osteuropa.
    Für die Bauern, die den Aufstand überlebt hatten, brachte der Sieg Chmel'nyc'kyjs bedeutende Verbesserungen. Mit der Vertreibung der Szlachta gewannen sie ihre persönliche Freiheit, das Recht, über ihr Eigentum zu verfügen, und das Recht auf freien Ortswechsel zurück.

    (Quelle: Die Zeit der Het'mane (17.-18. Jahrhundert), Orest Subtelny).

    Zu Khmelnytsky's Zeit war das Bildungsniveau der einfachen Bevölkerung weit höher als in Russland, beispielsweise war es üblich, dass Frauen lesen und schreiben konnten. Zudem war, wie oben schon angedeutet, das Gesellschaftssystem durchlässiger, Leibeigenschaft, wie die Regel in Russland, war nicht verbreitet. Das änderte sich wenig später zum Schlechten hin, indem die russischen Verhältnisse in die neuen Gebiete eingeführt wurden (ebenso wie es vorher die Polen getan hatten).

    Weiter (selbe Quelle):

    Zitat

    Die Städte hatten im Aufstand eine geringe Rolle gespielt, und ihr Status war im wesentlichen unverändert geblieben. Etwa ein Dutzend größerer Städte wie Kiev, Starodub, Cernihiv und Poltava behielten eine Selbstverwaltung mit einem gewählten Magistrat und dem Magdeburger Recht, und es gab kaum Kontakte mit dem von den Kosaken dominierten Umland.

    Ich zitiere diesen Teil, weil das Bild, welches heute von der Ukraine verbreitet ist, das einer dörflichen Kultur ist, was aber trotz der Tatsache, dass der Kosakenstaat kein städtisches Phänomen war, zu der damaligen Zeit nicht zutraf. Die Bewegung der ukrainischen Kultur weg von den Städten hinein in den dörflichen Bereich war vor allem eine Folge der unter russischer Herrschaft systematisch durchgeführter Russifizierung, in deren Verlauf verstärkt Russen in den ukrainischen Städten angesiedelt wurden und gleichzeitig der ukrainischen Stadtbevölkerung nach dem Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche" ein "Wechsel" zur russischen "Leitkultur" nahegelegt wurde.

    Ein weiterer Aspekt, der schon früh das Verhältnis zwischen Ukrainern und dem russischen Reich trübte, war der vom russischen Reich mit Polen abgeschlossene Friedensvertrag von 1656, in dessen Folge die heutige Westukraine abgetrennt wurde und fortan zu Polen gehörte. Die Folge waren mehrere erfolglose Kriege der Kosaken gegen Polen, die das Ziel hatten, die ukrainischen Gebiete zurückzuerobern. Im Verlauf dieser turbulenten Zeiten kam es zum ersten mal verstärkt zu Konflikten mit dem eigentlich verbündeten Russland. Es kam 1658 zu einer Invasion russischer Truppen unter Führung von Aleksej Trubetskoj in die Ukraine, wo er einem Heer von Kosaken und verbündeten Tartaren unter der Führung von Ivan Vyhovskyj unterlag.

    Im Jahr 1654, nachdem Vyhovskyj nach inneren Intrigen abdanken musste, kehrte Trubetskoj mit einem neuen Heer zurück und "handelte" mit dem 18-jährigen Jurij Khmelnytskyj einen "neuen Vertrag" aus. Diese neue Version war für die Ukraine extrem nachteilig. Er sah vor, dass in allen wichtigen Städten russische Garnisionen stationiert werden sollten, dass die Kosaken ohne russische Erlaubnis keine Kriege führen oder auswärtige Beziehungen unterhalten durften, Hetmane und hohe Offiziere nur noch mit russischer Billigung gewählt und ernannt werden durften. Dieser Vertrag hatte überhaupt nichts mehr mit dem Vertrag, den sein Vater 5 Jahre vorher ausgehandelt hatte, gemeinsam, und dieser Zeitpunkt wird gern als der erste große Verrat Russlands an der Ukraine betrachtet.

    Kosakenhetman Mazeppa (meistbedichteter Kosaken-Chef von Byron bis Brecht) fällt von Moskau ab. Bündnis mit dem Schwedenkönig Karl XII. gegen Peter den Großen von Moskau. Niederlage in der Schlacht von Poltawa. Die ersten Kosaken in Sibierischer Verbannung.

    Welches nun genau Mazepa's Motive für sein Bündnis gegen Zar Peter waren (er ist doch historisch eine sehr vielschichtige Figur), gibt es doch für diesen "Verrat" eine historische Konsistenz. Peter hatte die bereits vorher zu Ungunsten der Ukrainer modifizierten Bedingungen noch weiter verschlechtert, indem er sich schlicht nicht um die den Ukrainern eigentlich zustehenden Rechte scherte. Es gab also unabhängig von Mazepa eine große Menge von Menschen in der heutigen Ukraine, die lieber früher als später aus dem russischen Reich raus wollten. Das erklärt auch den Zulauf, die all die pittoresken Führer der damaliger Zeit mit Leichtigkeit gewinnen konnten.

    Somit kommen wir ans Ende und gewissermaßen auch wieder an den Anfang unseres kleinen Ausflugs zurück. Hat Katharina nun recht getan, als sie die Autonomierechte der Kosaken kassierte?

    Mein Geschichtsverständnis sagt dazu, dass dieser Schritt machtpolitisch logisch war, auch dass er kurzfristig betrachtet zu rechtfertigen war, aber eben nur, wenn man die Vorgeschichte, die eben erst zu der "Unzuverlässigkeit" der Kosaken geführt hatte, ignoriert.

    Und hier sind wir auch an dem Punkt, wo ich mich immer wieder ärgere, wenn ich russische oder russifizierte Geschichtsschreibung lese. Es ist selbstverständlich von dem "Verrat" Mazepa's die Rede und von der "slawischen Brüderlichkeit", aber kein Wort von dem Unrecht, das das russische Reich seinem damals aus freien Stücken zu ihm gestoßenen Verbündeten getan hatte.

    Shevchenko konnte in seiner Zeit selber gut beobachten, wie die Kolonie Ukraine von den Russen ausgebeutet wurde und der selber mehr als einmal mit dem Gesetz in Konflikt kam, weil er - was damals verboten war - in ukrainischer Sprache Schriften verfasste und natürlich auch gegen die russische Herrschaft agitierte. Sein Urteil über Khmelnytskyj, demzufolge jener "töricht" gewesen war und der lieber hätte von seiner Mutter unter ihrem Herzen erstickt hätte werden sollen, um nicht später dieses große Unglück über viele Generationen seines Volkes zu bringen, ist aus meiner Sicht natürlich künstlersich überzeichnet, aber so verkehrt nicht.

  • Mbert, darauf werde ich eingehen aber nicht mehr Heute ! Und nur so viel auch in der Klassischen Russischen Literatur werden viel Ereignisse aus der Zeit beschrieben darunter einige der Führenden Literaten der Zeit von damals und diese haben durchaus keine wie von Dir ins Feld geführte Russische Großmachtansprüche.....

    • Offizieller Beitrag

    Mbert, darauf werde ich eingehen aber nicht mehr Heute ! Und nur so viel auch in der Klassischen Russischen Literatur werden viel Ereignisse aus der Zeit beschrieben darunter einige der Führenden Literaten der Zeit von damals und diese haben durchaus keine wie von Dir ins Feld geführte Russische Großmachtansprüche.....

    Ich bin gespannt. Aber wir sollten uns keinen Illusionen hingeben - auch die großartigsten russischen Literaten hatten schlichtweg überhaupt keinen Zugang zu anderen Quellen als der von oben geförderten offiziellen Geschichtschreibung. Tatsächlich meine ich, sollte die Beurteilung von Geschichte vor allem von Historikern vorgenomnen werden. Ich habe mich in meinem Artikel bei einem Abschnitt aus dem von Frank Golczewski herausgegebenen Buch "Geschichte der Ukraine" bedient, welches durchaus nicht zu den dediziert ukrainisch nationalistischen Publikationen gehört.

  • Ich habe letzens eine Interessante seite im Internet gefunden, Russische Geschichte, vom Anfang bis Heute, da
    wird sehr wohl geschrieben, das die jeweiligen Machthaber von Russland, eigentlich immer am Gebiete besetzen
    waren. Saugen die sich dieses alle aus den fingern. Es wurde darin auch die ukrainische Geschichte behandelt.
    Ich finde diese Seite sehr gut.
    Hier den Link: https://www.deutsch-ukrainisches-forum.de/www.studyrussi…geschichte.html
    und es gibt auch ein Taschenbuch

    Russische Geschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart [Taschenbuch]


    Günther Stöklhttp://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3520244063/studyrussian08/#


    (Autor)

  • Ist schon erstaunlich was die Menschen so alles finden......Wow , Die Seite von Dir ist Geschichtlich aber verdammt Komprimiert ! Nur hat das überhaupt nichts mit den Kosaken und deren Konflikt zu Moskau zu tun. Denn Dieses Buch habe ich zu Hause und , da würde mich mal genauer Interessieren wo da dies genau zu finden ist !
    Ich finde daran kein Ansatz. Doch wer suchet der findest auch mal etwas was zum Thema passt.

  • Wenn man die Geschicht von Katharina II verfolgt, ging es der Zarin ja auch nur darum, eine Grossmacht zu werden,
    und wenn man dabei noch betrachtet, haben die Kosaken ja auch Veträge mit dem damaligen Zaren geschlossen, wo
    es gegen Polen und Littauen ging.

  • Und das ist doch schon Allgemein Bekannt und wurde auch nie in Abrede gestellt ! Also nichts Neues - es ging vor allem wie es zum Bruch gekommen ist und warum es Katahrina der II so leicht gefallen war die Kosaken zu Spalten und dann einzuverleiben !

  • Die Kosaken hatten ja auch ihre Führer, und da wird sie einen Weg gefunden haben, Zwietracht zu sähen, und wenn dir meine
    Postings nicht gefallen, du mußt diese ja nicht lesen.

  • Die Kosaken hatten ja auch ihre Führer, und da wird sie einen Weg gefunden haben, Zwietracht zu sähen, und wenn dir meine
    Postings nicht gefallen, du mußt diese ja nicht lesen.

    Genau hierbei geht es um die Ausarbeitung und Ansichten wie es dazu kommen konnte , dass die Einheit der Kosaken gebrochen werde konnte und diese ihr Autonomie verloren haben !
    Wenn Du Begrifflichkeit von " Grossmacht ! , " Verträge " und die Schlacht " Polen - Litauen " in den Zweizeilern anbringst, werde ich doch Nachfragen . Wie denn die genauen Zusammenhänge sich darstellen ......um diese spannende und Interessante Thematik zu beleuchten. Bei Streiflichter und Nebelmaschinen - na klar werde ich dann nachfragen.

    Das hat auch rein gar nichts damit etwas zu tun ob Du der Meinung bis, gefallen dies Beträge mir oder nicht. Gehört eigentlich ja auch hier gar nicht zum Thema !

  • Katharina hat nur dem Spuk eine Ende bereitet.


    Eher müsste die Frage doch geklärt werden, sind die Kosaken überhaupt die Urform der Ukrainer ? Woran ich erhebliche Zweifel habe.
    Hier sollte doch mal angesetzt werden.

  • Mbert, viele Klassiker , Komponisten etc. aus Russland haben sich der Thematik angenommen und ihre Werke gehören zum Weltkulturerbe. Ob nun von Puschkin, Tolstoi , Tschaikowski oder Lomonosow, denen kannst Du aber nicht im Nachgang sagen, diese wären voll auf der damaligen Politischen Schiene von Moskau !

    Seine Eindrücke aus dem Krimkrieg verarbeitete Leo Tolstoi in drei Erzählungen. In diesen wie auch in der Novelle "Kosaken" aus dem Jahr 1863 (in deutscher Übersetzung erst aus dem Jahr 1885) wandte sich Tolstoi den einfachen Menschen zu. Bereits in seiner ersten Schaffensperioden kommen theologische Themen in seinem Schriftstellerwerk vor, die sich nach der Heirat noch verstärken. Tolstois ständige religiöse Suche schlägt sich in seinem gesamten Werk nieder. Trotz des gemeinsamen Kinderreichtums entfaltete sich die Ehe als schwierig. Während dieser Zeit entstanden literarische Werke von Weltruf wie zum Beispiel "Krieg und Frieden" oder "Anna Karenina" (1875–1877).

    Versucht man vor dem Hintergrund dieser historischen Abläufe eine Rekonstruktion des modernen Kaukasusbildes, kann man mehrere Phasen verorten. Bis etwa 1820 wird der Kaukasus als geo-kulturelles Objekt entdeckt. Michail Lomonossow, Gawril Derzawin und Wassili Schukowski beschreiben ihn als "gewaltiges Bergmassiv", "die südliche Stütze Russlands", und es dominieren Attribute wie "wild" und "düster". Unverkennbar ist eine Mythologisierung des Raumes und seiner Bewohner. Die nächste Phase der Formierung eines Kaukasus-Bildes (bis 1840) wird in der russischen Kulturgeschichte als "militärisch-künstlerische Romantik" (voenno-chudozestvennyj romantizm) bezeichnet. Sie ist eng mit der Eroberung Südkaukasiens verknüpft und nutzt (zumindest bis 1828/29) Begriffe wie Freiheit, Würde, Ehrgefühl und Edelmut zur Charakterisierung der Bergbewohner, die eigentlich razbojniki, "Räuber", sind: "Ihr Gott ist die Freiheit, ihrGesetz - der Krieg". Selbst Armut, Verrat und Müßiggang werden romantisch verklärt, und auch das Bild der stolzen, anmutigen Kaukasierin ("die Schöne Tscherkessin") fehlte nicht.

    Zugleich hat die neuere Puschkin-Forschung auf Elemente aufmerksam gemacht, welche die Grundlagen für negative Stereotypen schufen: ewige Gefahr, ewiger Krieg, Bedrohung, Verrat wurden zu charakteristischen Merkmalen, die Natur und Menschen gleichsam verbanden. Persönliche Schicksale, reales Erleben Kaukasiens und literarische Reflexionen wurden eng miteinander verflochten: Der Kaukasus war eine fremde Welt, in der sich der russische Offizier als Mann "beweisen" wollte oder musste, deren Geheimnisse lockten und zu entschlüsseln waren - ob durch Kampf oder Gastfreundschaft. Eine Welt, in der alles anders war, Normen der russischen Gesellschaft nicht mehr zählten, jedoch ritterliche Ideale einer Frühzeit scheinbar existierten: natürliche Schönheit, Ehrgefühl, Risikobereitschaft, Kameradschaft. Während die Schar freier Reiter auf den verschlungenen Pfaden der Berge die Strategien der Armeen des Zaren zum Scheitern brachte, wurde die "Wildheit" zur Herausforderung für den Aristokraten. Was zählte, war der Kampf Mann gegen Mann, was dahinterstand, waren zwei grundsätzlich verschiedene Lebensweisen, aber nicht grundsätzlich verschiedene Werte. Die Lebensprinzipien des Kaukasiers besaßen magische Anziehungskraft für den jungen russischen "Helden", der eigentlich eine Mission erfüllen wollte, aber vor dem Erfahrungshintergrund der russischen Gesellschaft von einer Rückkehr zu archaischen Werten träumte. Dieser Kontrast barg das Element einer "Hass-Liebe" in sich, die sich von der Andersartigkeit angezogen und abgestoßen fühlte. Sie führte von der Frage "Wer bin ich eigentlich?" zur Frage "Wer sind wir?", von der Wahrnehmung der Andersartigkeit der kaukasischen Welt zum Problem "Was charakterisiert uns eigentlich als Russen?" Diese Herausforderung gab entscheidende Impulse für die russische Identitätsbildung des 19. Jahrhunderts. Auch wenn das Bild des Kosaken, der zwischen Russland und den "Bergen der Wilden", am Terek, stand, kaukasische und russische Elemente (die "russische Seele" mit Mut, Ehre und Freiheitsdrang, Kleidung) in sich vereinte, als eine Art Symbiose beider Elemente zur "Entschärfung" dieser Frage beitrug und er selbst zu dieser Zeit noch als Vermittler zwischen den Kulturen angesehen wurde, blieb die Welt der Kaukasier für das russische Selbstbewusstsein eine Herausforderung bis zum heutigen Tag. Sie sollte sich von den Auseinandersetzungen zwischen Westlern und Slawophilen um die "russische Seele" (Berdjajew) bis zur heutigen Diskussion um das "Eurasiertum" fortsetzen

  • Die Kosaken sind nur ein Ergebnis verschiedenster Volksgruppen und Stäme die auf dem Heutigen Gebiet der Ukraine alle ihre Wurzeln und Spuren hinterlassen haben. Daher halte ich es für vollkommen Falsch und Sachlich unwahr, die Kosaken als die Ur - Ukrainer hinstellen zu wollen. Dies wäre mir auch nur rhetorisch zu einfach ! Und hier liegt auch eines der Problem in der Geschichtsbewältigung und dem Nationalen Eigenverständnis. Unzureichende Aufarbeitung mit der eigentlichen Historie und Selbstverherlichung einiger Zeitmomente wie im Fall der Kosaken.


    Die Polanen (ostslaw. Поляне) bzw. Poljanen waren ein ostslawischer Volksstamm, der im Frühmittelalter im Norden der Zentralukraine auf beiden Seiten des Dneprs lebte.

    Die Pol(j)anen werden von Nestor als ein großer und fortschrittlicher Stamm beschrieben. Laut Nestorchronik waren es die Pol(j)anen bzw. ihr Anführer Kij mit seinen Brüdern Schek und Horiw und der Schwester Lybed, der um 480 n. Chr. die Stadt Kiew gründete.

    Eine Stadt wurde zur Gotenzeit von Jordanes als Danapirstadir ‚Dnepr-Stadt‘ dokumentiert.

    Der nach 1000 bekannte Name Pol(j)anen leitet sich vom slawischen Wort pole ‚Feld‘ ab und bezieht sich auf ihren eher offenen Lebensraum (Ebene, Feld) (vgl. Polen, Polanen). Im Gegensatz dazu stammte die Bezeichnung der nördlicher wohnenden Drewlanen, die die dichten Wälder von Polesien bewohnten, von drewo ‚Baum‘ ab.

    Die Pol(j)anen bildeten einen der Hauptbestandteile der Kiewer Rus und sind später in den modernen ostslawischen Völkern aufgegangen. Eine Zeit später, als die östlichen Poljanen nicht mehr erwähnt wurden, kam nach dem Jahre 1000 der Name der westlichen Polanen als Vorfahren der Polen auf.

    Die Drewlanen oder Drewljanen (ukrainisch Деревляни, russisch Древляне) waren ein ostslawischer Stamm, der zwischen 6. und 10. Jahrhundert die Gebiete von Polesien in der Nordukraine bewohnte. Ihre Nachbarstämme waren im Osten die Polanen, im Westen die Wolhynier und die Buschanen, im Norden die Dregowitschen. Der Name Drewlanen leitet sich vom slawischen Wort drewo ‚Baum‘ ab. So nannten sich die in waldreichen Gebieten lebenden Drewlanen im Gegensatz zu den Polanen, deren Name sich von pole ‚Feld‘ ableitete.

    Die Sewerjanen (ukrainisch Сiверяни, russisch Северяне) waren im Frühmittelalter ein ostslawischer Stamm, entlang der Flüsse Desna, Sejm and Sula angesiedelt. Nach ihnen wird das historische Gebiet Sewerien benannt.

    Die Wolhynien (selten auch Wolynien[1]; ukrainisch: Волинь/Wolyn; russisch: Волынь/Wolyn; litauisch: Voluinė; polnisch: Wołyń) ist eine Landschaft in der nordwestlichen Ukraine. Die heutige Oblast Wolhynien als ukrainische Verwaltungseinheit umfasst nur einen Teil des historischen Wolhynien.

    Das Gebiet soll seinen Namen von der legendären, längst untergegangenen Stadt Wolin erhalten haben, die einst westlich des Bugs bei Wolodymyr-Wolynskyj lag und der Hauptsitz des ostslawischen Stammes der Wolhynier war.
    Das „Lodomerien“ im Namen des österreichischen Kronlandes Galizien und Lodomerien geht auf Wolhynien zurück. Allerdings lag Wolhynien nie im österreichischen Herrschaftsbereich – der Name wurde einfach aus der ungarischen Königstitulatur entnommen, da Ungarn im Spätmittelalter eine Oberhoheit über das Gebiet beanspruchte.

    Die Tiwerzen (russisch Тиверцы, ukrainisch Тиверці) waren ein ostslawischer Stammesverband, der zwischen dem 8. und dem 12. Jahrhundert die Gebiete zwischen den Flüssen Pruth undSüdlicher Bug bis zur Küste des Schwarzen Meeres bewohnte. Ihr Siedlungsgebiet umfasste auch die Donaumündung. Im Norden grenzte ihr Gebiet an die Buschanen, im Osten an die Ulitschen, später an türkische Nomaden. Im Westen überschnitt sich ihr Siedlungsraum mit den Dakern. Die Hauptstadt der Tiwerzen hieß Peresetschen.

    Den Chroniken zufolge nahmen sie am Russisch-byzantinischen Krieg 907 teil und zogen mit dem Kiewer Fürst Oleg gegen Konstantinopel. Das Gleiche wiederholte sich auch während desKrieges 941−944 unter Fürst Igor. Kurz darauf wurden sie Bestandteil der Kiewer Rus. Unter dem Druck der Petschenegen und Polowzer zogen sie im 12. Jahrhundert nach Norden, wo sie allmählich mit der benachbarten slawischen Bevölkerung verschmolzen.
    Im Gebiet zwischen Dnestr und Pruth sind Reste von einigen slawischen Siedlungen erhalten (z.B. in Alcedar und Echimăuţi), die man mit den Tiwerzen in Verbindung bringt.

    Die Daker waren ein thrakisches Volk, das seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. die Gebiete des westlichen Schwarzmeergebietes besiedelte. Sie sind eng mit den benachbarten Getenverwandt und hatten vermutlich dieselbe Sprache wie diese. Erst ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. sind beide Stämme vollständig im Dakerreich vereint.



    Quelle u.a.http://de.wikipedia.org

  • Mazeppa ist eine Oper in drei Akten von Pjotr Iljitsch Tschaikowski (Musik) mit einem Libretto von Tschaikowsky selbst und Viktor Burenin.

    Erster Akt

    Szene 1 (Anwesen der Kotschubeys am Ufer des Dnjepr:( Im Hause der Kotschubeys im Dorf Poltawa ist der Hetman (Kosakenhauptmann) Mazeppa, der Oberbefehlshaber der ukrainischen Truppen, zu Gast. Maria, die Tochter der Kotschubeys, liebt ihn und muss deshalb ihren Jugendfreund Andrej, als er ihr seine Liebe gesteht, zurückweisen. Als Mazeppa selbst bei Marias Vater um ihre Hand anhält, nimmt ihn dieser erst nicht ernst. Schließlich ist Mazeppa sehr alt und außerdem Marias Patenonkel. Mazeppa aber erzählt, Maria liebe ihn bereits und sei vielleicht schon schwanger von ihm. Da wird Kotschubey wütend und verweist ihn seines Hauses. Mazeppa ruft seine Wache und kurz bevor es zu einem Kampf kommt, wirft sich Maria selbst dazwischen. Der Hetman stellt sie vor die Wahl mit ihm zu gehen oder zu Hause zu bleiben und ihn nie wieder zu sehen. Maria hält zu Mazeppa und wird von den Kosaken mitgenommen.
    Szene 2 (ein Zimmer im Haus der Kotschubeys): Ljubow trauert um den Verlust ihrer Tochter und versucht, ihren Mann zu einem Kampf gegen Mazeppa zu bewegen. Kotschubey aber spinnt eine Intrige: Aus der Zeit der Freundschaft mit Mazeppa weiß er, dass dieser eine Verschwörung gegen den Zaren Peter den Großen zur Befreiung der Ukraine plante. Diese will er demZaren verraten. Andrej, nach der Zurückweisung von Maria verzweifelt, erklärt sich bereit, die Nachricht zu überbringen.

    Zweiter AKT
    Szene 1 (Verlies in Mazeppas Schloss, des Nachts): Der Plan ging schief. Mazeppa, der immer das Vertrauen des Zaren hatte, lastet die Verschwörung Kotschubey an. Dieser gesteht unter Folter und wird zum Tode verurteilt. Jetzt sitzt er im Gefängnis. Orlik versucht noch
    erfolglos, das Versteck seiner Reichtümer aus ihm herauszupressen
    Szene 2 (auf einer Terrasse von Mazeppas Schloss, dieselbe Nacht): Maria weiß nichts von ihrem Vater, spürt aber, dassetwas nicht stimmt. Sie fühlt sich vernachlässigt, da Mazeppa ständig arbeitet. Mazeppa versucht, sie zu beruhigen und weiht sie in seinen Umsturzplan ein. Er
    fragt sie erneut, ob sie ihn mehr liebe, als ihren Vater. Mazeppa geht um Verzeihung bittend und Maria kommen erste Zweifel. Von ihrer Mutter, die sich heimlich zu ihr schleicht, erfährt sie, dass Mazeppa ihren Vater hinrichten werde.
    Szene 3 (Richtstätte bei den Wallanlagen): Fassungslos eilen Maria und Orlik zum Richtplatz, um Gnade zu erflehen, kommen aber zu spät. Kotschubey und sein Freund Iskra werden hingerichtet.

    Dritter Akt
    Zwischenspiel (Schlacht bei Poltawa) Der Krieg zwischen den Schweden und den verbündeten Kosaken Mazeppas und Russland ist ausgebrochen. Sinfonische Musik malt die Schlacht bei Poltawa nach. Die Russischen Truppen haben die Oberhand gewonnen.
    Szene 1 (Ruinen des Kotschubey-Hauses): Andrej erscheint aus dem Gebüsch und erkennt den inzwischen verwüsteten Garten der Kotschubejs wieder. Da taucht auch Mazeppa auf, der inzwischen zum Gejagten geworden ist. Er wird von Andrej angeklagt und bedroht. Mazeppa erschießt ihn. Da erscheint auch Maria, die den Verstand verloren hat. Sie erkennt Mazeppa, aber dieser flieht weiter. Sie findet den sterbenden Andrej und wiegt ihn wie Kind in ihren Armen.

    http://de.wikipedia.org

    Wir haben diese Oper in Odessa erleben dürfen, ist wirklich ein sehr ergreifendes Stück und Gesamtwerk !

  • Stenka Rasins Kosakenaufstand Feldzug in die Unsterblichkeit

    Neben dem schwer vermeidlichen "Kalinka, Kalinka" tropft kaum ein russisches Lied so klischeegerecht in deutsche Ohren wie die Ballade vom Kosakenhauptmann Stenka Rasin. Zwischen 1667 und 1671 scharte er eine wachsende Gefolgschaft um sich, zog gegen den Zaren ins Feld und büßte dafür mit dem Leben.

    Oft beschränkt sich das Wissen über den Kosakenhauptmann Stenka Rasin auf das Mitsummenkönnen der ihm gewidmeten Ballade, manch einer weiß vielleicht noch, dass der Wüterich darin seine persische Braut in die Fluten schleudert, um nur ja seinen Mannen treu zu bleiben.

    Mit Stenka Rasins Geschichte taucht man in - für die russischen Bauern - besonders finstere Zeiten ein. Der Leibeigenschaft entzogen sich viele durch die Flucht zum Fluss Don, so zahlreich, dass die Verfolgung nicht ausblieb und für die Erhaschten nichts als Folter, Fron und Hinrichtung zeitigte. Hieraus entstand Stenka Rasins Aufstand, der ab 1667 als Ataman, also Oberhaupt der Donkosaken eine wachsende Gefolgschaft um sich scharte und durchs Kaspische Meer filibusterte.

    Verrat an Rasin
    1670 zog er die Wolga stromaufwärts, wobei sein heterogenes Heer aus Kosaken wie aus flüchtigen Bauern, aus religiös Bewegten wie sozial Empörten, aus Russen, Ukrainern, Tataren, Mordwinen, Tscherkassen, Tschuwaschen bestand. Es eroberte mehrere Städte, darunter Astrachan, Zaryzin, Samara. Auch in die Wirren um den Zarenthron griff Stenka Rasin ein, indem er einen angeblichen Sohn Zar Alexejs als rechtmäßigen Erben präsentierte. 1671 wurde die vielsprachige Erhebung niedergeschlagen, Rasin durch Verrat dem Zaren ausgeliefert und in Moskau hingerichtet.
    Unter der Benennung "Zweiter Bauernkrieg" in immerhin vier Bauernaufstände gegen die Zaren eingebettet, ist Rasins Erhebung stärker als die anderen im Gedächtnis haften geblieben. Mehrere Volkslieder, darunter das berühmte, sind seinem Andenken gewidmet.


    Puschkin nannte ihn eine einzigartige poetische Gestalt der russischen Geschichte und sammelte zur Muße Material über ihn. Viele russische Schriftsteller und Künstler erkoren ihn zu ihrem Liebling, bis hin zu Dmitri Schostakowitsch, der 1964 eine kantatenähnliche Tondichtung über ihn komponierte.


    Quelle BRO Archiv / Peter Michael Schenkel 

  • Zur Entstehung des "Kosakentums"
    ausgearbeitet von Richard Schwarz UNI Innsbruck

    "Ob die Kosaken als Rest der slawische Bevölkerung des im 10./11. Jahrhundert erwähnten Fürstentums Tmutorokan am Schwarzen Meer gedeutet werden, ob als während der Kiever Zeit oder unter Batu gruppenweise aus Mittelasien eingewandertes indogermanisch-türkisches Mischvolk oder als Verbindung einer seit dem frühen Mittelalter in der südrussischen Steppe ansässigen Slawengruppe ("Azov-Slaven") mit späteren Nomadenschichten - die Tendenz, die Kosaken zu einem historisch weit zurückreichenden Volk auf eigenem Grund und Boden emporzustilisieren, ist überall gleich."[2] Aus dem Blickwinkel dieses Zitats heraus sei im Folgenden versucht, die Entstehung des Kosakentums einigermaßen zu konstruieren.

    Was sind Kosaken:
    Jene Landstriche, wo die großteils bewaldete Landschaft (von Sesshaften bewohnt) in Steppe (Lebensraum von Nomaden, südlich angrenzend) überging, waren im 15. Jh. aufgrund der Raubzüge von Tataren (Reitervolk der Steppe) verlassen worden. Ungefähr in die selbe Zeit fiel die Ausweitung der Leibeigenschaft, welche die Rechte der Bauern nahm. Aus diesem Grund flüchtete die Bevölkerung, die den Verlust ihrer Freiheit fürchten musste, in die entvölkerten Steppenrandgebiete, um der "Versklavung" zu entkommen. Dort eigneten sie sich, um zu bestehen, die Kriegstaktiken der Steppenvölker an und führten die ständige Wehrpflicht ein, weil das Heer die Existenzsicherung brachte. Der Name "Kosak" kommt aus dem Tatarischen und bedeutet "Freie Krieger", den sie scheinbar für sich übernahmen.[3] Eine andere Theorie deutet den Entstehung anders: "Die Kosaken waren an der Steppengrenze (nördlich des Schwarzen und Kaspischen Meeres) aus einer Mischung der Ostslawen mit tatarischen und anderen ethnischen Elementen entstanden, doch waren sie seit dem 17. Jahrhundert eindeutig orthodox und russisch oder ukrainisch geprägt."[4] So gesehen entstand das Kosakentum aus einer Verbindung von Volksgruppen, der sich dann auch die vor Leibeigenschaft flüchtenden Bauern (jene werden "Läuflinge" genannt) anschlossen. Daran würde dann die erste Theorie anschließen.[5]

    Beide Theorien haben gemein, dass die Kosakenheere in den Übergangsgebieten von bewaldetem Land mit sesshafter Bevölkerung zu den Steppen mit den Reiternomaden entstanden. Scheinbar schien sich diese Gegend zu eignen, um ein unabhängiges Leben zu führen, was der Grund für die Besiedlung war.
    In der russischen Geschichte nahmen sie durch diese geographische Lage und ihre daraus entstandene Gesellschaftsstruktur eine wichtige Rolle als Grenzsicherung und Söldner ein. Um die Bedeutung ein wenig genauer darzustellen, werden folgend einige Kosakengruppen unterschieden.

    Kosaken am Dnjepr:
    In der Mitte des 16. Jh. errichteten die sogenannten Dnjeprkosaken am Unterlauf des Dnjeprs eine Festung, die zum Mittelpunkt einer autonomen Kosakenregion (zu Polen gehörig) wurde. Im Laufe der Zeit wollte der polnische Staat sich die Kosaken untertan machen, doch stieß er dabei auf erbitterten Widerstand. Die Kosaken suchten nach einem Bündnispartner und fanden jenen im russischen Reich. Es wurde ein Abkommen verhandelt, dass die Kosaken als temporäre Angelegenheit sahen, der Zar deutete es als Angliederung. Allerdings wurde diese Deutung geschickterweise nicht mit Druck eingefordert, da die Kosaken einen wichtigen Schutz vor den "Osmanen der Steppe"[6] boten. Als aber dieser Feind des russischen Reiches im 18. Jh. besiegt wurde, verloren die Kosaken an politischem Gewicht. Ihre Autonomie wurde abgeschafft und ein Teil der kosakischen Bevölkerung wurde je nach sozialer Stellung zu Staatsbauern oder zum Adel des Reiches umgewandelt. Ein anderer wurde umgesiedelt, um an den neuen Grenzen ihre ursprüngliche Funktion auszuüben. So entstanden neue Kosakengruppen meist im Osten des Russischen Reiches.

    Kosaken an Don, Wolga, Jaik und Terek:
    Zeitlich parallel (auch im 16. Jh.) entwickelten sich auch im Moskauer Reich Kosakengruppen mit ähnlichem Schicksal. Zuerst am Don, von dort breitete sich diese "soziale Form" an Wolga, Jaik und Terek (Ural) aus. Ihre kriegerischen Aktivitäten und die Lage am Rande des Moskauer Reiches, machte sie für den Zaren interessant. Aus diesem Grund wurde den Kosaken die Eigenständigkeit gewährt, denn ihr Selbstschutz führte zum Schutz des dahinterliegenden Reiches des Zaren. Auch war dieses Verhältnis außenpolitisch recht praktisch, da sich das Osmanische Reich über Attacken der Kosaken beschwerte und der Zar sagen konnte: "Die gehören nicht zu uns." Und gleichzeitig bezahlte er sie als Söldner und Grenzwächter und sandte Getreide.
    Als allerdings im 18. und 19. Jh. die Reitervölker der Steppe in das "Reich der Ruß'" eingegliedert wurden, verloren sie jene militärische Funktion und "es setzte ein Prozess der ‚Verbauerung' ein". [7] Vergleichbar mit den Dnjeprkosaken gestaltete sich ihr Schicksal. Vor allem die kleineren Kosakengemeinschaften wurden aufgelöst und umgesiedelt. Nur die Donkosaken, als zahlmäßig größte, konnten sich ihre militärische Eigenständigkeit erhalten und versuchten zum Teil unabhängig zu werden, zum Beispiel im Jahr 1918 mit der Staatenbildung von "Kosakia". Dieses Experiment hatte jedoch nicht einmal ein Jahr bestand.

    Ortungebundene Kosakenheere:
    Da Kosaken vor allem als selbständige Krieger bekannt waren, auch bekannt sein wollten, wurden sie als Söldner angeworben. In dieser Funktion waren sie oft Teil des russischen Heeres bei deren Feldzügen. Vor allem als Kavallerie, da sie als beste Reiter der russischen "Völker" galten.
    Auch spielten sie eine wichtige Rolle bei der Eroberung Sibiriens ab dem 16. Jh.. Nicht als Teil des regulären russischen Heeres, sondern als Teil des bezahlten Privatheeres der Stroganovs, die das Gebiet östlich des Urals als "halbautonomes Wirtschaftsgebiet" vom Staat geliehen bekamen, um es zu kolonialisieren. Den Kosaken kam dabei die Rolle der kriegerischen Landgewinnung und der anschließenden Platzhalterrolle zu.

    Zusammenhänge und Mythos:
    Diese unterschiedlichen und in der Zahl nicht vollständigen Gruppen von Kosaken scheinen für mich durch eine "separatistische" Idee verbunden zu sein, nicht durch Zugehörigkeit zu "Volksgruppen".
    Die Idee sich Unabhängigkeit zu verschaffen, ließ sie (z.B.: vor Leibeigenschaft Flüchtende ) Gebiete suchen und finden, in denen zumindest unter speziellen politischen Bedingungen eine Autonomie bestand hatte. Um selbst zu bestehen, passten sie ihre soziale Gemeinschaft (weniger Landwirtschaft mehr kriegerischer Lebensmittelerwerb) und die militärische Taktik (Ausbildung von Reiterheeren, ein Teil ihrer Identität: Der gute Reiter) den Bedingungen an. So wurde das Heer zum grundlegenden Element. Es schaffte Verteidigung, griff aber auch an, um einen Teil des Lebensunterhalts zu errauben. Entscheidungen wurden im Krug (russ. Kreis, die allgemeine Kosakenversammlung) gemeinschaftlich getroffen. Jene Form der Beschlusstreffung wird von den Kosaken von 1918/19 als "'unmittelbare Demokratie' den Landsgemeinden der Schweizer Kantone Appenzell und Glarus gleichgestellt"[8]. Wer jedoch zur Gemeinschaft gehörte, wird von der Größe der Gruppe abhängig gewesen sein, da oft, ab dem 17. und 18. Jh., von einer kosakischen Oberschicht die Rede ist (, was nicht für Gleichheit spricht), welche durch den ständigen Zuzug von Menschen entstand, die sich Freiheit erhofften[9]. Der Preis dieses Ansinnens war (vielleicht wurde es auch nicht so gesehen), dass in der kosakischen Gemeinschaft der stetige Wehrdienst (jeder musste, wenn erforderlich, ins Heer) herrschte; Ein Produkt der zentralen Rolle des Heeres, um sich behaupten zu können.
    Meist war die Unabhängigkeit der Kosaken eine geduldete und hatte nur in dem Machtvakuum, das in den Grenzgebieten herrschte, ihre "Existenzberechtigung" (aus Sicht des Zaren). Sobald ein Gegenpol verloren ging, wurde die kosakische Gemeinde aufgrund der geringen Zahl (Ausnahme siehe Donkosaken) eingegliedert, oder umgesiedelt. Jene verschobenen Kosaken wurden an anderer Stelle wieder in ihrer alten Funktion eingesetzt und, um sie in der Rolle als Grenzschutz zu behalten, mit Privilegien ausgestattet.
    Durch dieses hin und her kam es, dass die Kosaken politisch zuerst gegen den Zaren waren, dann für ihn, somit als die Bolschewiki kamen, wieder gegen jene,... Dabei kann man auch nicht sagen "die Kosaken". Denn als sich innerhalb der Kosaken Hierarchien ausbildeten (beginnend 17.Jh.[10]), waren die Wohlhabenderen eher für den Zaren (Kosaken wurden Sicherheiten geboten, Zar erhielt dafür Einfluss) und die Ärmeren (meist neu zugezogene Bauern oder wegen Glaubensprobleme flüchtende) gegen den Zaren. Diese inneren Spannungen führten oft zu Aufständen gegenüber dem Zaren, die nicht von allen Kosaken unterstützt wurden.
    Also keine Einheit der Kosaken, um unbeugsam in Unabhängigkeit leben zu können, so wie zum Beispiel die Donkosakenführer das Bild beschworen[11].
    Doch Erzählungen und Selbstdarstellung ergaben den Ruf der Kosaken, mit Unbeugsamkeit gegenüber fremden Machthabern ihre Freiheit zu finden: Sie leben auf eigenes Risiko und sind dafür frei. In dieser Form verkörperten sie "auch den Wunsch des Volkes nach Gleichheit und Selbstverwaltung."[12]
    Hingegen zu manchen Zeiten mussten sich die Kosaken wie Schachfiguren des Zaren gefühlt haben, wenn sie aus strategischen Gründen verschoben wurden.

    • Offizieller Beitrag

    Katharina hat nur dem Spuk eine Ende bereitet.

    Das ist mir in der Form zu allgemein. Im 17. Jh. war Khmelnytskyj jedenfalls mit seinem Staat und seiner Armee eine Größe, die in der Lage war, die Polen zu besiegen und auch mit den Russen Verträge abzuschließen. Das ist hier das, was zählt. Weiterhin zählt, dass die Russen sich nur 5 Jahre später an den abgeschlossenen Vertrag nicht mehr gebunden fühlten und mit militärischer Macht einen neuen "Vertrag" erzwangen.

    Wer nun als Rechtfertigung für Katharina's Handel die "Unzuverlässigkeit" der Kosaken anführt, argumentiert sehr einseitig, wenn er gleichzeitig nicht den Vertragsbruch und somit auch die Unzuverlässigkeit Russlands, die dem vorweggingen, mit in Betracht zieht.

    Eher müsste die Frage doch geklärt werden, sind die Kosaken überhaupt die Urform der Ukrainer ? Woran ich erhebliche Zweifel habe.
    Hier sollte doch mal angesetzt werden.

    Das ist aus meiner Sicht eine vollkommen andere Frage. Nationale russische Historiker sind bemüht, den Zusammenhang zwischen Hetmanat und der modernen Ukraine zu widerlegen. Das hat eine Menge mit Religion zu tun, aber auch mit Macht-Ideologie.

    Der Aspekt "Religion" ist durchaus relevanter, als man zunächst denken mag. Wir hier im Westen sind ja sehr sekular ausgelegt, das ist in der orthodoxen Welt viel weniger der Fall. Nun hat die Moskauer Orthodoxe Kirche sich vor einigen hundert Jahren mal von Kyiv losgesagt und war für eine ganze Weile keine "vollwertige" Kirche im Sinne der orthodoxen Ideologie. Den status als Patriarchat kaufte man sich später für viel Geld, das nach Konstantinopel wanderte, wo das internationale Zentrum der Orthodoxie liegt und wo damals Geld benötigt wurde. Die Moskauer Kirche hat nun den Anspruch, das Zentrum der slavischen Orthodoxie zu sein. Das ist historisch aber nun einmal Kyiv. Daher ist es für diese Ideologen sehr wichtig nachzuweisen, dass die Moskauer Kirche quasi der Nachfolger der Kyiver Kirche ist, dass also der Status der Kyiver Kirche mit dem Zerfall des Kyiver Reiches nach Norden gen Moskau wanderte. Daher ist es wiederum wichtig, dass (a) Russland der legitime Nachfolger des alten Kyiver Reichs ist und (b) die Ukraine es nicht ist.

    Der machtpolitische Teil braucht nicht weiter erklärt zu werden. Die Argumente sind weitgehend deckungsgleich mit den o.g., nur dass es hier stärker um nationale Mythen geht, mit denen man das Volk gern bei der (patriotischen) Stange halten möchte.

    Derartige Dinge kommen im Westen aufgewachsenen Menschen ziemlich absurd vor. Ich habe selber die Erfahrun gemacht, dass so etwas im Osten absolut eine Rolle spielt und sogar politische Entscheidungen beeinflussen kann.

    Ob nun die Ukraine in der Nachfolge zum Kosakenstaat steht, ist aus meiner Sicht eher eine Frage der kulturellen Kontinuität. Russland ist insgesamt eine eher moderne Erscheinung. Es wurde von Slaven gegründet, die vor den Tartaren nach Norden auswichen. Gleichzeitig zerfiel das Kyiver Reich. Man kann z.B. an den Unterschieden zwischen den Sprachen (Ukrainisch: eher archaisch, viele Gemeinsamkeiten z.B. mit dem Kirchenslavischen, Russisch: eher modern, "altmodische" Artifakte fehlen fast vollständig) und den Traditionen gut sehen, dass Russland und die Ukraine sich seit der damaligen Zeit schon recht deutlich unterschieden haben. Dass nicht alle Menschen in jenem Gebiet damals Kosaken waren, versteht sich von selbst (siehe auch meinen früheren Beitrag, wo es um die Städte ging). Aber wenn es zwei verschiedene Völker gab, dann ist es auch logisch, dass es zwei verschiedene Nationalitäten gibt - Russland im Norden und die Ukraine (oder das, was dann zur Ukraine wurde) im Süden.

  • Das Kosakentum wird aus meiner Persönlichen Sicht doch etwas Verklärt dargestellt - da es nur sehr wenige Direkte Quellen hierzu gibt, und die wenigen ergeben ja kein gesamt Bild . Schade, da dies doch ein sehr Interessantes Gebiet und Zeitgeschehen darstellt.

    Zitat

    Die Zaporoscher Kosaken, die vor 300 Jahren am Unterlauf des Dnjepr ein Reich bildeten, sind ein historischer Fluchtpunkt für viele Ukrainer: Freiheitsliebend, unabhängig, männlich, anarchisch und trinkfest sollen sie gewesen sein. Was für eine Vorgabe!

    Zitat

    Dabei haben auch die Kosaken ihre nicht so kleinen Widersprüche, die an ihrem Status als (proto)nationale Identifikationsobjekte Zweifel aufkommen lassen könnten. Beim Kosakenaufstand 1648, angeführt von Bohdan Chmelnyckyj, wurden tausende Juden als Verbündete des polnischen Adels brutal niedergemetzelt; im Jahre 1654 gingen die Kosaken dann in Perejaslav eine militärische Union mit Russland ein. Diese Verbindung mit Moskau - und ihre „wahre" Bedeutung - ist bis heute höchst umstritten. „Es gibt keine Papiere über diesen Pakt", wischt Olijnyk alle Bedenken weg. Die Unterordnung unter den Zaren sei „ein Mythos, eine russische Legende".

    http://diepresse.com/home/blogs/chi…n-reiten-wieder

    Zitat

    In diesem Chmelnizki-Aufstand wurden über 100.000 polnische Adlige und Verwaltungsleute, katholische Priester und Juden getötet; die übrigen flohen nach Polen oder Litauen. Die Aufständischen plünderten ihre Güter und nahmen ihr Land in Besitz. Die Leibeigenschafts-ordnung wurde vielerorts durch die Kosaken-organisation ersetzt. Besonders viele Opfer hatten die Juden zu beklagen, die als Verwalter, Pächter, Schankwirte und Steuer-einzieher im Dienste der polnischen Magnaten standen oder als Händler in den Städten lebten. Die Juden waren also für die ukrainischen Bauern und Stadtbewohner die direkten Repräsentanten der polnischen Adelsherrschaft. Hunderte von jüdischen Gemeinden wurden vernichtet, Synagogen und Bibliotheken. Soziale Ursachen dieser Judenmassaker2 wurden auch von dem aus Wolhynien stammenden zeitgenössischen jüdisch-hebräischen Chronisten Nathan Hannover3 unterstrichen: "Die Massen der orthodoxen Bevölkerung verarmten immer mehr.

    Zitat

    Man betrachtete sie als minderwertige Wesen und als Sklaven und Dienerinnen der Polen und Juden .... Die Tätigkeit als Steuerpächter der Adligen war der häufigste Beruf der Juden ..., was die Missgunst der Bauern weckte und zur Ursache für die Massaker wurde." Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, Beck Verlag, München, 2009, S. 61;

    Zitat

    Im August 1649 schloss Chmelnizki einen Vertrag mit dem polnischen König Johann II. Kasimir, der dem Kosakenheer wesentliche Konzessionen machte; aber ohne eine eigene Unabhängigkeit .

    Zitat

    Polen-Litauen konnte sich aber mit der Verselbständigung des ukrainischen Hetmanats nicht abfinden und so folgte im Jahr 1651 ein militärischer Schlag und die Niederlage der Kosaken. In einem neuen Vertrag wurden die Autonomie und die Privilegien der Kosaken erheblich gestutzt.

    Zitat

    Noch während des Volksaufstandes wandte sich Chmelnizki nun an den russischen Zaren Alexei I. und bat ihn, den ukrainischen Kosakenstaat (Hetmanat) unter russische Herrschaft zu stellen, das 1654 im Vertrag von Perejaslaw vom Semski Sobor genehmigt wurde. Damit verließ die Ukraine, das Grenzland zur Steppe, das sich seit dem Zerfall der Kiewer Rus (im 13. Jahrhundert) unter polnischem Joch befand, formal den polnisch-litauischen Unionsstaat und wurde Teil des Russischen Reiches. Für die ukrainische Geschichtsschreibung begann damit die Geschichte des Kosakenstaates, die erst mit Katharina II. zwischen 1765 und 1786 endete.

    http://www.bessarabia.altervista.org

  • Das ist aus meiner Sicht eine vollkommen andere Frage. Nationale russische Historiker sind bemüht, den Zusammenhang zwischen Hetmanat und der modernen Ukraine zu widerlegen. Das hat eine Menge mit Religion zu tun, aber auch mit Macht-Ideologie.

    Wieso nur Nationale Historiker ? Die Kosaken sind nur das Ergebnis zahlreicher Volksgruppen und Stämme die Jahrtausende zuvor in dem Gebiet der heutigen Ukraine siedelten und durch die Einwanderung der Steppenvölker aus Zentralasien. Eigenartigerweise , hier gebe ich Dir recht beginnt bei so einigen Geschichtshistorikern der Beginn der Ukraine im 9 Jahrhundert ! Wow und was war davor ? Luftleerer Raum ? Wohl kaum............Sich auf die Kosaken als die Ukrainer zu berufen ist eher Ideologisch Passend. Für die die es anbringen. Kosaken waren nicht besser als die damaligen Herrscher in Moskau und sonst wo, klar diese konnten und haben sich zu der Zeit sehr gut vermarket um den einfachen Bauern als Teil seiner Politik zu überzeugen ! Auch nur Werkzeuge der Kosaken Politik um Macht und Einfluss . Die Kosaken waren nicht nur die Unterdrückten und geschundenen.....sondern auch selber Unterdrücker und Massenmörder.

    Ob nun die Ukraine in der Nachfolge zum Kosakenstaat steht, ist aus meiner Sicht eher eine Frage der kulturellen Kontinuität. Russland ist insgesamt eine eher moderne Erscheinung. Es wurde von Slaven gegründet, die vor den Tartaren nach Norden auswichen. Gleichzeitig zerfiel das Kyiver Reich.

    Wie schon oben erwähnt, hier wird ein vollkommen Verklärtes Ideal konstruiert und als die Wahrheit oder das Ukrainische Wesen verkauft. Die Kosaken haben mit dem Ursprung der Ukraine aber auch gar nichts zu tun - sie sind besten Fall eine Geschichtliche Episode die verkannt und Politisch Missbraucht wird. Aber das ist was einigen so schön in den Kram passt.Um daraus Politisch Kapital zu schlagen

    • Offizieller Beitrag


    Wieso nur Nationale Historiker ? Die Kosaken sind nur das Ergebnis zahlreicher Volksgruppen und Stämme die Jahrtausende zuvor in dem Gebiet der heutigen Ukraine siedelten und durch die Einwanderung der Steppenvölker aus Zentralasien.

    Das selbe gilt für Russland in noch stärkerem Maße. Du findest dort eine ziemlich starke Durchmischung der Volksgruppen aus den eroberten Gebieten. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wo ich das aufgeschnappt habe, erinnere mich aber gelesen zu haben, dass einige Wissenschafter der Meinung sind, dass das russische Volk stärkere finnougrische als slawische Wurzeln hat. Dem wurde natürlich postwendend sehr heftig und emotional widersprochen (weil diese These natürlich einige sorgfältig gepflegte Mythen unterwandern würde).

    Dennoch bildet sich an irgendeinem Punkt etwas heraus, was wir als "Nationalität" betrachten. Das passierte in Russland etwas später als in der heutigen Ukraine, wo seinerzeit eben vom "Kyiver Rus" die Rede war (welches ja auch schon recht multiethnisch gewesen sein dürfte). Nach dem Zerfall des Reichs war das Gebiet der heutigen Ukraine aber nicht entvölkert, es lebte sogar der größere Teil der "Urbevölkerung" noch dort und entrichtete brav Tribute an die Tartaren.


    Eigenartigerweise , hier gebe ich Dir recht beginnt bei so einigen Geschichtshistorikern der Beginn der Ukraine im 9 Jahrhundert ! Wow und was war davor ? Luftleerer Raum ?

    Sicher nicht. Aber in der heutigen Ukraine wie auch im heutigen Russland gab es zu jener Zeit eben noch keine Gebilde, die man als "Staaten" oder "Nationen" hätte bezeichnen können. Das Kyiver Reich war da quasi ein Beginn. Das Moskauer Reich kam etwas später. Nur - was hat das mit unserer Diskussion zu tun?


    Wohl kaum............Sich auf die Kosaken als die Ukrainer zu berufen ist eher Ideologisch Passend. Für die die es anbringen.

    Was ist daran so verkehrt? Die Kosaken waren in diesem Gebiet der Ersatz für das, was in anderen Gebieten z.B. Adel war - eine führende Schicht. Sie waren in ihrem Kern Menschen, die das Gebiet dort über Generationen bewohnt hatten. Sie hatten sich größtenteils erfolgreich den Eroberungsversuchen der Nachbarstaaten widersetzt.
    Genauso gab es Städte, und zwar nicht nur Kyiv. Und im 17. Jh. hatte ein Bündnis von Kosaken-Kommunen eine Stärke erreicht, die ausreichte, eine Art Staat zu bilden.
    Ich sehe nicht, wo das Problem ist!


    Kosaken waren nicht besser als die damaligen Herrscher in Moskau und sonst wo, klar diese konnten und haben sich zu der Zeit sehr gut vermarket um den einfachen Bauern als Teil seiner Politik zu überzeugen ! Auch nur Werkzeuge der Kosaken Politik um Macht und Einfluss . Die Kosaken waren nicht nur die Unterdrückten und geschundenen.....sondern auch selber Unterdrücker und Massenmörder.

    Das gilt für viele andere auch. Die Kosaken waren in einigen Bereichen sehr fortschrittlich - vor allem was die Durchlässigkeit sozialer Schichten betrifft und auch was die Ansätze von Demokratie betrifft, die es damals gab. Lämmerschwänzchen waren sie sicher nicht. Aber was willst Du damit beweisen?

    Ich habe ein wenig das Gefühl, dass hier mit zwei Maßstäben gemessen wird. Ich drehe mal den Spieß um und überzeichne ein wenig, genau so, wie Du es hier auch tust: Russland hatte die Kosaken über's Ohr gehauen, so dass sie nun ein Teil des russischen Reiches ohne Sonderrechte waren. Nun hatten sie deshalb für 300 Jahre oder länger keinen eigenen Staat. Haben sie deshalb nun ein für alle Mal den Anspruch verloren, eine Nation (unter welchem Namen auch immer) zu sein? Wenn ich Deine Argumente so lese, möchte ich fast den Eindruck gewinnen, dass Du genau so denkst.


    Wie schon oben erwähnt, hier wird ein vollkommen Verklärtes Ideal konstruiert und als die Wahrheit oder das Ukrainische Wesen verkauft. Die Kosaken haben mit dem Ursprung der Ukraine aber auch gar nichts zu tun - sie sind besten Fall eine Geschichtliche Episode die verkannt und Politisch Missbraucht wird. Aber das ist was einigen so schön in den Kram passt.Um daraus Politisch Kapital zu schlagen

    Die Kosaken waren eine tragende Schicht des ukrainichen Volkes in einer für seine Entstehung wichtigen Zeit. Warum kann man das nicht einfach akzeptieren?

    Und wirklich, das Maß, in dem gerade in Russland Geschichte romantisch (oder gern auch: nationalistisch) verbrämt wird, geht weit über das hinaus, was Du hier bei der Rolle der Kosaken kritisierst. Du warst doch selber in Russland, ich glaube, ich brauche Dir nichts erzählen vom "dritten Rom" und diesem ganzen Schwachsinn!

    Im Grunde bin ich überall gegen derartige Verbrämung. Und ich bin auch, was die Ukraine betrifft, dafür, historisch exakt zu sein. Und es lässt sich nicht abstreiten, dass das 17. Jh. und die Rolle der Kosaken in dieser Zeit einen ganz wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung und das Selbstverständnis des ukrainischen Volkes hatte. Wie sich das im Detail abspielt, ist natürlich immer diskutabel.


  • Ob nun die Ukraine in der Nachfolge zum Kosakenstaat steht, ist aus meiner Sicht eher eine Frage der kulturellen Kontinuität. Russland ist insgesamt eine eher moderne Erscheinung. Es wurde von Slaven gegründet, die vor den Tartaren nach Norden auswichen. Gleichzeitig zerfiel das Kyiver Reich.

    Diesen Artikel darüber finde ich recht interessant:

    "Nachdem zur Zeit der Völkerwanderung die dort ansässigen Germanen, Lugier und Gepiden das Gebiet des späteren Galizien verlassen hatten, wurde es seit Mitte des 6. Jahrhunderts von Slawen besiedelt, die westlich des Sans polnischen Stämmen, östlich davon ukrainischen Stämmen zuzurechnen waren. Die westlichen Stämme (räumlich dem späteren Kleinpolen zugehörig) verbanden sich mit Polen unter Boleslaw I. Chrobry, nachdem sie sich vorübergehend im 9. Jahrhundert dem großmährischen Staat und im 10. Jahrhundert dem böhmischen Staat angeschlossen hatten. Die östlichen Stämme (im späteren Rothreußen) unterstellten sich dagegen dem Großfürsten von Kiew und gerieten nur vorübergehend ebenfalls unter die Herrschaft Boleslaws.

    Nach verschiedenen Wirren konsolidierten sich im 12. Jahrhundert zwei größere Fürstentümer: Halytsch und Wolodymyr, auf die auch der Namen des späteren habsburgischen Kronlandes Galizien und Lodomerien zurückgeht. Beide Fürstentümer zeichneten sich durch blühenden Handel und Wohlstand aus. Ursprünglich war Halytsch-Wolhynien ein Fürstentum der Kiewer Rus. Es löste sich Mitte des 11. Jahrhunderts vom Kiewer Reich und geriet in wechselnder Folge auch unter polnische und ungarische Oberhoheit."

    Galizien - Wiki

    Nur leider steht dort nicht geschrieben warum sich Galizien vom Kiewer Reich löste. Das wäre interessant denn damit könnte man dann auch den Ursprung der Ukraine etwas näher kommen.


    Wie schon oben erwähnt, hier wird ein vollkommen Verklärtes Ideal konstruiert und als die Wahrheit oder das Ukrainische Wesen verkauft. Die Kosaken haben mit dem Ursprung der Ukraine aber auch gar nichts zu tun - sie sind besten Fall eine Geschichtliche Episode die verkannt und Politisch Missbraucht wird. Aber das ist was einigen so schön in den Kram passt.Um daraus Politisch Kapital zu schlagen

    Sehe ich ganz genau so. Geschichte ist ein heikles Thema das sich mitunter recht schwer nachvollziehen lässt. Publikationen zu Themen wie Unabhängigkeit der Ukraine, Russifizierung, Entstehung der Ukraine sind m.E. auch immer ein wenig von der Sichtweise der Authoren "abhängig". Eine gewollte Manipulation, wie zu UDSSR Zeiten, möchte ich selbstverständlich nicht unterstellen aber man darf nie vergessen das Authoren auch nur Menschen sind und sich aufgrund ihrer eigenen Ansichten und Interessen auch ab und zu zu einer Seite hingezogen fühlen können. Das gleiche gilt natürlich für die Politik und ich bin nach wie vor der Ansicht das die Politik einen grossen Anteil an dem, was die Geschichte lehrt, hat.

    Dieses wurde mir erst richtig in Irland bewusst und ich projeziere meine Erfahrung bezüglich Geschichtsunterricht und Berichterstattung über irische Geschichte und den daraus folgenden Events (Troubles in Nordirland) gerne auf meine Erlebnisse in der Ukraine. Man sieht doch sehr deutlich wie gegenteilig zwei Seiten mit sogenannten "Fakten" argumentieren können.

    Sie bieten jedoch jede Menge Gesprächsstoff, was so ein Forum wie dem unserem, natürlich nur gut tun kann.